Zum Ende des Jahres füllen sich in vielen Unternehmen die Auftragsbücher. Egal ob Büromaterial, IT-Service, eine Fortbildung, oder neue Leasing-Verträge für die Firmenwagen-Flotte – alles soll dann ganz schnell terminiert und beauftragt werden. Meist müssen die Bestellungen noch im laufenden Jahr abgerechnet oder zumindest Lieferverträge für die Zeit ab Januar neu abgeschlossen sein.
Dieses Phänomen kennen viele Dienstleister und Lieferanten. Es wird oft unter dem Begriff „Dezemberfieber“ zusammengefasst, der seinen Ursprung in früheren Haushalts-Systemen der Öffentlichen Hand hatte: Schnell noch Geld ausgeben, bloß nicht sparen, sonst wird einem das im Folgejahr aus dem Budget gestrichen. Nach dem Motto: Die Mittel werden offenbar gar nicht gebraucht. Private Unternehmen mögen ähnlich denken: Schnell noch die Ausgaben erhöhen, um die Steuerlast zu minimieren.
An diesem Dezemberfieber ist sicher etwas dran. Doch es gibt noch einen ganz anderen Grund, der die plötzliche Nachfrage insbesondere im vierten Quartal eines Jahres erklärt. Und das ist eine gewisse Nachlässigkeit.
Das Prozedere ist dabei meist unverändert: Zum Jahresende laufen traditionell viele Bestandsverträge aus, die Unternehmen, Einrichtungen oder Behörden mit ihren Lieferanten und Dienstleistern geschlossen haben. Und auslaufende Verträge sind ein ganz starker Treiber für neue Ausschreibungen. Meist drängelt dabei das Management die eigene Einkaufsabteilung: Jetzt macht mal. Das müsse doch auch etwas billiger gehen, man wolle die Kosten stärker im Blick behalten, gerade in Zeiten von Lieferengpässen und Energiekrise.
Diese Neuausrichtung ist verständlich, aber so kurz vor Jahresende und unter dem Druck, dass Anfang Januar neue Liefer- oder Rahmenverträge verabschiedet sein sollen, schaden die Auftraggeber ihrer eigenen Verhandlungsposition. Sie haben keine Zeit für lange Verhandlungen, sie müssen sich möglicherweise auf die ersten Angebote einlassen. Sie setzen sich damit intern unter Zeitdruck und schaden sich am Ende selber.
Ganz oft kommen wir als Einkaufsberatung dann mit ins Boot. Wir haben nicht mehr Zeit als unsere Kunden – die Deadline Jahresende gilt schließlich auch für uns – aber wir können uns voll auf die Beschaffung konzentrieren, und anders als viele andere Unternehmen wissen wir natürlich, wo wir für welche Leistungen und Produkte die besten Angebote erhalten. Das ist unser Job. Aus Kundensicht ist das schon mal besser als selbst verhandeln und sich vielleicht auf ungeliebte Anbieter einlassen zu müssen.
Doch viel besser wäre es, die Firmen würden einfach rechtzeitig über Neuverträge oder Investitionen nachdenken. Dass viele so spät handeln, lässt sich zumindest sachlich nicht begründen. In aller Regel wissen sie schon zu Jahresbeginn oder spätestens im Sommer, welche Verträge mit Zulieferern oder Dienstleistern zum Jahresende auslaufen. Sie hätten also das Jahr über Zeit, um Aufträge neu auszuschreiben, gute Preise auszuhandeln und Vertragssicherheit zu erhalten. Stattdessen zeigt sich: Wer zu spät anfängt, hat zu lange getrödelt und kommt dann in Zugzwang.
Ein weiterer Grund für die verspäteten Ausschreibungen lieg darin, dass in vielen Einkaufsabteilungen und in der Beschaffung zwar die Kompetenz liegt, aber nicht immer ein ausgeprägtes Kostenbewusstsein. Früher wurden bestehende Verträge mit Bestandspartnern – oft ohne viel Nachdenken – verlängert. Heute wird der Einkauf oft vom Management gesteuert, das verstärkt auf die Kosten schaut (siehe oben). Nicht nur aus reinem Kostenbewusstsein, sondern oft auch aus Compliance-Gründen. Das kann im Einkauf für Überraschung sorgen, wenn bei Service-Anbietern oder sonstigen Einkäufen kurzfristig etwas Neues her muss.
Solche Überraschungs-Momente und die Nachteile, die dadurch den Firmen am Ende entstehen, lassen sich vermeiden. Wir raten daher zu einer engeren Vernetzung von Management und Einkauf. Wenn man einfach nur regelmäßig und vor allem früh genug miteinander spricht, wäre das schon ein erster wichtiger Schritt. Wie gesagt: In vielen Fällen kann man sich schon zu Jahresbeginn gemeinsam Gedanken machen, welche Verträge auslaufen, wie der Ersatz dafür aussehen soll und was er kosten darf.
Ein Vertragsmanagement einzurichten und zu pflegen, ist denkbar einfach. Dafür braucht es keine komplizierten Systeme, es genügt eine Übersicht über bestehende Verträge und Lieferanten mit jeweiligem Vermerk zu evtl. Fristen. Liegen diese Informationen vor – und zwar schon weit vor Jahresende, können Planung, Recherche und Vertragsabschluss auf den letzten Drücker vermieden werden.
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